Jedes Jahr treffen sich einige tausend Hippies irgendwo zwischen Knüll und Vogelsberg und feiern vier Tage lang- es ist das kleine, aber feine Herzberg-Festival.
Das Festival hat seine eigene Choreographie – Vorbereitung, Aufbau,
– natürlich mit Stil –
und schließlich das große Fest.
Dieses Jahr falle ich ohne Vorlaufzeit fast direkt vom Felsen auf den Platz – und bin ein wenig überfordert.
Aber es ist schön, alle wiederzusehen – Geschichten zu hören, zu erzählen – so viel Wärme.
Auf dem ‚Markt‘ findet man Fressbuden,
man kann sich politisch engagieren
oder auch ….
Regen gibt es am dritten Tag – ausgiebig, so dass Festwiese wie Hauptstraße
Schon der Katamaran kommt zu spät, so dass ich den Zug ab Cuxhaven nur noch knapp erreiche.
Doch plötzlich stoppt der Zug auf freier Strecke, fährt wieder an und hält am nächstmöglichen Bahnhof – vorläufige nicht absehbare Pause, denn kurz vor Bremen ist ein Mensch auf den Gleisen verunfallt.
Dann geht es doch weiter und das Servicepersonal rät dazu, bis Bremerhaven weiterzufahren und dort die weitere Reise zu planen.
Ich lerne die Bahnhöfe meiner Strecke genauer kennen.
Bremerhaven – noch ein altes Gebäude. Das Portal zum Wartesaal der 2. und 3. Klasse hat man bei der Sanierung der Halle freigelassen – Reminiszenz an alte Zeiten, in denen selbst beim Warten Menschen klassifiziert wurden.
Aufgelaufene Reisegäste sind wie verlorene Schüler auf einer Klassenfahrt. Die Bahnangestellten tun mir fast leid. Im Mantra wiederholen sie Auskünfte bzw. ihr eigenes Noch-Nicht-Wissen.
Draußen warten einige Reisegäste in der prallen Sonne auf den Schienenersatzverkehr, der in einer halben Stunde kommen soll.
Doch dann ist der Bus prall gefüllt, muss die Hälfte der Fahrgäste draußen stehen lassen. Ich habe mich für das Warten auf den Schienenverkehr entschieden, der nach einer Stunde nach Bremen weitergeht.
Mein Reiseplan ist nun durcheinander geraten. In Bremen muss ich die nächste Stunde warten, bis mich ein Zug weiter nach Süden bringt.
Proviant und einen Latte-to-go holen, ein schattiges Plätzchen suchen. Ich lande auf dem Vorplatz des Bahnhofes. – Ein grünes Karree, umsäumt von Bäumen, liegt vis-à-vis rechts der Bahnhofshalle. Dort sitzen auch Menschen mit schadhaften Zähnen und fehlendem oder mickrigem Zuhause. Allemal gemütlicher als ein Bahnsteig mit wenigen Bänken und herumhastenden Reisenden.
Ich beobachte die Szenerie: Tauben jagen Tauben auf der Suche nach einem Partner. Ein Reisebus-Doppeldecker rollt am Bahnhof entlang und fährt schließlich über dessen Vorplatz – einer Fußgängerzone. Ein Stück Berliner Mauer wurde hinter mir aufgestellt – kein Blickfang – eher so, als habe man noch eine Ecke in einer verstaubten Vitrine gefunden.
In der Bahnhofshalle hängt ein Tryptichon alter kolonialer Herrlichkeit.
Die Firma Martin Brinkmann wirbt seit 1957 hier für sich, als Gegenleistung für die Finanzierung diverser Renovierungen. Richtig – vor etwa 150 Jahren erlebte Bremen durch das Tabakgeschäft eine neue wirtschaftliche Blüte.
Die Darstellung dieses Teils Bremer Geschichte wirkt allerdings seltsam naiv.
Weder finden sich Hinweise auf das Leid in den Kolonien noch das Leid der Zigarrendreher in den Bremer Hinterhöfen.
Irgendwann gegen Abend lande ich in Kassel-Wilhelmshöhe an, dem Bahnhof mit den langen flachen Auf- und Abgängen. Keine kaiserliche Neo-Renaissance-Fassade, sondern eine verlängerte Säulenhalle sorgt für Schatten in den abendlichen Hitze.
Ich warte auf den Regionalzug nach Bad Hersfeld.
Später wird er durch Nordhessen zuckeln, an vielen kleinen Plätzen, die ich recht gut kenne, halten.
Eine Freundin wird mich dort abholen und in ihr kleines Haus irgendwo in der hessischen Provinz bringen. Die erste Nacht auf dem Festland…