Unterwegs in Holstein

Einmal im Jahr bin ich beruflich unterwegs – mit Jugendlichen, die in neun Tagen drei Berufsfelder testen. Eine tolle Sache – für mich wie die Jugendlichen eine Pause vom schulischen Alltag mit vielen neuen Erfahrungen.

Aber es ist kein Urlaub. Auch wenn Jugendliche dich nicht jede Minute brauchen, bleibst du im Standby-Modus, um großen und kleinen Kummer zu trösten oder Streit zu schlichten. – Es ist anstrengend, 14 Jahre alt zu sein – für die großen wie auch die noch wachsenden Zweibeiner.

Heide – unser Standort – ist das Zentrum Dithmarschens. Das hört sich groß an, ist es aber nicht, abgesehen von dem Zentrum des Städtchens, einem wirklich überdimensionierten Marktplatz. Um ihn herum gruppieren sich die ‚Eggen‘, benannt nach den vier Himmelsrichtungen. Dahinter befinden sich recht weit in die Marsch verlaufend Ansiedlungen mit Einfamilienhäusern.

Der große Platz entstand im späten Mittelalter als Versammlungsort der Dithmarscher Bauernrepublik. Heute ist er etwa zu einem Drittel Parkplatz. Der Rest bleibt trotzdem noch eine -gemessen an dem sich darum herum gruppierenden Altstädtchen eine riesige Freifläche.

Umsäumt wird der Platz durch eine Pappelreihe. Hier leben die eigentlichen Bewohner des Marktplatzes, die Krähen.

Am Rande steht St. Jürgen, eine lutherische Kirche aus dem 17. Jahrhundert. Sie gibt dem Platz Charakter und eine optischen Anhaltspunkt.

Markant ist innen drin die Empore mit Tafeln, die auf niederdeutsch kommentiert das Leben Jesus zeigen.

Die Altstadt ist hübsch anzusehen, kleine, maximal dreistöckigen Häuser mit Giebeln aus dem 17. Jahrhundert.

Doch genauer hingeschaut, fällt auf, dass viele Geschäftsflächen frei stehen, die vor einem Jahr noch belegt waren.

Gleichzeitig fallen Plakate oder Graffitis auf, die zeigen, dass auch hier um die ‚Köpfe‘ gerungen wird.

Obwohl auch in Heide die AfD mit knapp 20% die zweitmeisten Stimmen erhalten hat, prägen andere Zeichen die Stadt. Die ‚Omas gegen rechts‘ engagieren sich.

Statements an Kneipen zeigen Haltung.

Dahinter finden sich niedrige einstöckige Häuser. Sie muten in ihrer Anlage wie

ehemalige Gewerbe- oder Handwerkshöfe an –

, so z.B. die Lüttenheid,

wo sich neben dem Heimatmuseum (Museumsinsel) auch das Klaus-Groth-Haus und das Brahms-Haus finden lassen.

Am Wochenende fahren wir raus nach Tönning, das schon nicht mehr zu Dithmarschen gehört, wie ich mich später belehren lasse. In einem Kleinbus werden wir über Landstraßen an vielen Haltestellen vorbei nach Tönning gebracht. Da wir mit unserer Gruppe den Bus schon vollbesetzt haben, bleiben weitere Gäste an den nächsten Haltestellen stehen, während unsere Busfahrerin eine weitere Mitnahmemöglichkeit organisiert.

Wir fahren über plattes Land, unterbrochen von Windparks, Knicks, weiteren Dörfern und kleinen Ansiedlungen, bis wir in Tönning aus dem Bus geworfen werden.

Töninng liegt an der Mündung der Eider. Der Hafen zeigt, dass es schon bessere Tage gesehen hat. Immerhin war es vor dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals an einer wichitgen Stelle des Verkehrsnetzes im alten Schleswig.

Häuser und auch die Brücke im Binnhafen erinnern an Holland. Und tatsächlich gab es im 17. Jahrhundert eine nennenswerte Einwanderung von Niederländern.

Unser Ziel ist aber das Multimar als Zentrum des Nationalparks Wattenmeer. Hier wird dem Besucher die Vielfalt der Nordsee als Lebensraum gezeigt.

Besondere Lieblinge sind dabei die Ottern im Freigelände des Zentrums.

Eine Woche später frühmorgendliche Rückfahrt über die Elbe.

Wir wollen das Schiff in Cuxhaven um 10.30 Uhr erreichen.

Wir haben Glück, die guten Geister der Fähre bringen uns sicher ans andere Ufer.

Ein paar Stunden später wird der Fährbetrieb wegen Niedrigwasser geschlossen.

Drüben am Horizont…

Mathilde

In Schneewintern ist sie Schlittenbuckel für die Kinder,

im Rest des Jahres Verweilort für einen kurzen Stadtspaziergang.

Man trifft sich dort zum Dating – und später um zu heiraten.

Sie ist Touristenhotspot und Heimat eingefleischter Boulespieler.

Seit einigen Jahren ist sie Weltkulturerbe und seit zig Jahren einer meiner Lieblingsorte in Darmstadt.

Mathilde erhebt sich über der Nordstadt schon so hoch, dass sie bei gutem Wetter einen Blick in die Rheinebene im Westen gewährt.

An ihrer höchsten Stelle trägt sie einen Hut, der als Ausstellungsgebäude dient. Früher konnte man dort Ansammlungen von Jugendstilstücken in jeder Varianz bewundern. Nach jahrelangem Umbau ist es nun wieder das, was es auch zu Beginn im Jahr 1901 war – Ausstellungsgebäude für eine Schau der (klassischen) Moderne.

Neben dem Ausstellungsgebäude befindet sich der Hochzeitsturm – als Kind für mich ‚De Fünf-Finge-Durm‘,

weil die Dachbögen an die Finger einer Hand erinnern.

Hier heiraten die Darmstädter gerne.

Nun ja – der Turm war ein Geschenk der Darmstädter Bürger zur Hochzeit des letzten Großherzogs, des Initiators und Mäzens des Künstlerkolonie.

Denn in ihrem Vorleben war Mathilde der großherzogliche Garten gewesen, der direkt hinter der Stadtmauer und Gefängnis begann und sich den Hügel hinaufzog.

Diese Künstlerkolonie – bestehend aus dem Austellungsgebäude, einem Atelierhaus – heute Ernst-Ludwig-Haus

– und etlichen Musterhäusern – sollte damals eine große Rundumschau moderner Architektur und Innenarchitektur bieten. Die berufene Künstlergruppe – z.B. Behrens, Olbrich u.a. – sollten moderne Lösungen für zeitgemäßes Wohnen entwickeln und in der Künsterkolonie präsentieren.

Dazu gehörten nicht nur die prächtigen Häuser Deiters

und Behrens

sowie die Glückerthäuser, sondern auch Arbeiterhäuser, die heute in der Erbacher Straße gegenüber dem Hofgut stehen. Mögliche Auftraggeber konnten – wie schon auf den großen Weltausstellungen in Paris oder London – Arbeiten und Ideen in Augenschein nehmen und in Auftrag geben.

Heute würde man sagen, dass dieses Projekt eine „Investition in die Zukunft“ war, denn sie sollte sowohl Modelle für die Zukunft entwickeln als auch den Wirtschaftsstandort Darmstadt noch weiter beleben.

So entstand nach und nach zu Beginn des 20. Jahrhunderts das gesamte Ensemble, das heute Mathilde trägt und nicht zuletzt die russische Kapelle,

die vor den dezenten Jugenstilfassaden wie eine zu groß ausgefallener Klunker sitzt.

Mit Beginn des 1. Weltkrieges wurde die letzte Ausstellung auf der Mathilde abgebrochen. Danach war es vorbei mit Moderne und innovativen Ideen. Der Pokal ging weiter nach Weimar und später Dessau.

Dennoch – Mathilde bleibt. Sie überstand zwei Weltkriege. Inzwischen ist sie wieder aufgehübscht. In den Musterhäusern residieren Institute. Atelier- und Ausstellungsgebäude erweitern die Möglichkeiten, Kultur zu sehen und zu erleben. Sie ist Treffpunkt und Erholungsort geworden – und überrascht noch immer.

Ferner Raum

Nächtliche Tour durch eine Schule – nach einem Open-Air-Genuss – ohne Schüler und nachts ein seltsam fremder Ort.

Immerhin verbrachte ich etliche Jahre ein Viertel bis ein Drittel meiner damaligen Lebenszeit dort, lernte Englisch, Latein, Französisch, sehr gern Deutsch und Gemeinschaftskunde, unterschätzte dagegen Mathe und brachte Biologie leidlich hinter mich, hasste Physik – und verliebte mich in die Kunstlehrerin und ihr Fach.

Wieviele Jahrgänge seit uns hier durchgeschleust worden sind, sinniere ich. „49“, hat mein Bruder schon errechnet. „Und die Lehrer, die uns unterrichtet haben, kennt schon längst keiner mehr, nicht einmal die damals jüngsten.“

Schon stehen sie als alte Gespenster auf dem Schulhof, der damals viel weiter war, und führen Aufsicht über die wuselnden Geister, hasten mit schweren Taschen oder stolzieren mit Buch und Heft über den Schulhof. Die Schlimmen haben ihren Schrecken verloren – und die Guten noch immer einen dicken Stein im Brett.

In der Ecke sitzen die Jungs, die jede – wirklich jede – Pause zum Skatspielen nutzten.

Auf der Treppe verbrachte wir sitzend die Pausen – und wurden hoch gescheucht, wenn sich eine Lehrkraft im Zackzack durch die Sitzreihen hinaufzwängen musste.

Dort – am damals definitv ekligsten Ort der ganzen Schule – steigt ein Hauch von Chlor vermischt mit Harnsäure und Rauch aus der Erinnerung auf.

Von der Treppe gelangte man auf einen eher schäbigen Hof, der heute mit Sitzbänken aufgehübscht ist.

Von dort führt ein Weg hoch zum langen Wandelgang. Der Weg erschien uns als Schüler endlos steil – und auf ihm küsste mich nach einer langen dunklen Zeit ein Sonnenstrahl.

Die Freitreppe am Oberstufentrakt ist heute kurz und leicht zu bewältigen. Zu spät gekommen war er die letzte Hürde, bevor man sich kurz fasste und würdevoll in den begonnenen Unterricht glitt.

Dort, wo früher in Glaskästen die Aushänge und Informationen über Kurse hingen, hat sich der letzte Abi-Jahrgang verewigt. Nett- offensichtlich mochte man seine Lehrer*innen.

Der Fahrradkeller wurde mit Lehrerzitaten geschmückt.

Also spielen sich in allen Schulen hin und wieder ähnliche Szenen ab – und sie bleiben über Jahre gleich – ;-))

Aber die Namen haben sich verändert – damals hätte unter den Händen Jürgen oder Gabi, Sabine oder Karl-Heinz, Geli oder Bernd gestanden –

vor sehr langer Zeit.

Und der Film? – Zu empfehlen, ‚Poor Things‘, eine abgefahrene Geschichte über self-empowerment.

Am Berg

Jedes Jahr treffen sich einige tausend Hippies irgendwo zwischen Knüll und Vogelsberg und feiern vier Tage lang- es ist das kleine, aber feine Herzberg-Festival.

Das Festival hat seine eigene Choreographie – Vorbereitung, Aufbau,

– natürlich mit Stil –

und schließlich das große Fest.

Dieses Jahr falle ich ohne Vorlaufzeit fast direkt vom Felsen auf den Platz – und bin ein wenig überfordert.

Aber es ist schön, alle wiederzusehen – Geschichten zu hören, zu erzählen – so viel Wärme.

Auf dem ‚Markt‘ findet man Fressbuden,

man kann sich politisch engagieren

oder auch ….

Regen gibt es am dritten Tag – ausgiebig, so dass Festwiese wie Hauptstraße

bald im Schlamm versinken.

Feiern geht trotzdem….

Am Sonntag dann praller Sonnenschein –

mein Tipp von diesem Jahr – Teresa Bergman

Keine Reise ohne Hindernisse

Schon der Katamaran kommt zu spät, so dass ich den Zug ab Cuxhaven nur noch knapp erreiche.

Doch plötzlich stoppt der Zug auf freier Strecke, fährt wieder an und hält am nächstmöglichen Bahnhof – vorläufige nicht absehbare Pause, denn kurz vor Bremen ist ein Mensch auf den Gleisen verunfallt.

Dann geht es doch weiter und das Servicepersonal rät dazu, bis Bremerhaven weiterzufahren und dort die weitere Reise zu planen.

Ich lerne die Bahnhöfe meiner Strecke genauer kennen.

Bremerhaven – noch ein altes Gebäude. Das Portal zum Wartesaal der 2. und 3. Klasse hat man bei der Sanierung der Halle freigelassen – Reminiszenz an alte Zeiten, in denen selbst beim Warten Menschen klassifiziert wurden.

Aufgelaufene Reisegäste sind wie verlorene Schüler auf einer Klassenfahrt. Die Bahnangestellten tun mir fast leid. Im Mantra wiederholen sie Auskünfte bzw. ihr eigenes Noch-Nicht-Wissen.

Draußen warten einige Reisegäste in der prallen Sonne auf den Schienenersatzverkehr, der in einer halben Stunde kommen soll.

Doch dann ist der Bus prall gefüllt, muss die Hälfte der Fahrgäste draußen stehen lassen. Ich habe mich für das Warten auf den Schienenverkehr entschieden, der nach einer Stunde nach Bremen weitergeht.

Mein Reiseplan ist nun durcheinander geraten. In Bremen muss ich die nächste Stunde warten, bis mich ein Zug weiter nach Süden bringt.

Proviant und einen Latte-to-go holen, ein schattiges Plätzchen suchen. Ich lande auf dem Vorplatz des Bahnhofes. – Ein grünes Karree, umsäumt von Bäumen, liegt vis-à-vis rechts der Bahnhofshalle. Dort sitzen auch Menschen mit schadhaften Zähnen und fehlendem oder mickrigem Zuhause. Allemal gemütlicher als ein Bahnsteig mit wenigen Bänken und herumhastenden Reisenden.

Ich beobachte die Szenerie: Tauben jagen Tauben auf der Suche nach einem Partner. Ein Reisebus-Doppeldecker rollt am Bahnhof entlang und fährt schließlich über dessen Vorplatz – einer Fußgängerzone. Ein Stück Berliner Mauer wurde hinter mir aufgestellt – kein Blickfang – eher so, als habe man noch eine Ecke in einer verstaubten Vitrine gefunden.

In der Bahnhofshalle hängt ein Tryptichon alter kolonialer Herrlichkeit.

Die Firma Martin Brinkmann wirbt seit 1957 hier für sich, als Gegenleistung für die Finanzierung diverser Renovierungen. Richtig – vor etwa 150 Jahren erlebte Bremen durch das Tabakgeschäft eine neue wirtschaftliche Blüte.

Die Darstellung dieses Teils Bremer Geschichte wirkt allerdings seltsam naiv.

Weder finden sich Hinweise auf das Leid in den Kolonien noch das Leid der Zigarrendreher in den Bremer Hinterhöfen.

Irgendwann gegen Abend lande ich in Kassel-Wilhelmshöhe an, dem Bahnhof mit den langen flachen Auf- und Abgängen. Keine kaiserliche Neo-Renaissance-Fassade, sondern eine verlängerte Säulenhalle sorgt für Schatten in den abendlichen Hitze.

Ich warte auf den Regionalzug nach Bad Hersfeld.

Später wird er durch Nordhessen zuckeln, an vielen kleinen Plätzen, die ich recht gut kenne, halten.

Eine Freundin wird mich dort abholen und in ihr kleines Haus irgendwo in der hessischen Provinz bringen. Die erste Nacht auf dem Festland…

Kleine und große Ragazze

Auf dem Felsen benimmt sich der Sommer wie überall in der Republik – er ist durchwachsen von kurzen Schauern im Wechsel mit Sonnenscheinperioden.

Die Insulaner – Kummer gewöhnt – tragen trotzdem kurze T-Shirts, denn es ist Sommer – punktum! Der Wind kann uns schon lange nichts mehr anhaben und die Sonne muss man nutzen, wenn sie scheint.

Wie Hortensien in Nachbars Garten oder

Stockrosen, die auf dem Friedhof stehen.

Im Pastorinnen-Garten reifen die Johannisbeeren.

Disteln blühen auf den Matten des Felsens und haben Pfeilkresse und Wildkohl abgelöst.

Am Vogelfelsen sind aus Küken Bratzen geworden, die zum Teil schon ihre Eltern überragen.

Einige üben bereits die Flügel zu entfalten.

Auch wenn das Federkleid noch zu dünn ist, um zu tragen, kann man ja schon mal ausprobieren, wie weit die Arme reichen.

Zwischendurch ein Trip nach Oldenburg – beruflich mit den Menschenkindern.

Nein – es folgt kein Kinderkontent, aber ein paar Eindrücke aus der Stadt.

Oldenburg kannte ich aus schwärmerischen Erzählungen einer Studienfreundin, die Oldenburg liebte, weil ihr Bruder hier einst studierte.

Ja, das kann ich jetzt verstehen. Die Straßenzüge sind schon Erholung fürs Auge, wenn man den herben Charme der helgoländischen Architektur kennt.

Die ist zwar inzwischen auch Altbau, aber eben – kriegsbedingt – nicht so abwechslungsreich divers wie auf dem Festland.

Natürlich gibt es kleine Gässchen mit netten Überraschungen.

Stolpersteine legt man hier nicht ins Pflaster, sondern befestigt sie an der Hauswand. Man möchte nicht, dass sie betreten und verschmutzt werden.

Hinweise oder Bitten werden großstädtisch lässig ignoriert.

Die neue Zeit hat schon ihre eigenen Zeichen gesetzt.

Im Nachdenken über die großen und kleinen Katastrophen einer Schulfahrt wird der Himmel langsam dunkel und auf mich zieht ein Wolkenfeld zu.

Rückwärtig noch Sonnenschein.

Doch dann fängt es an zu tröpfeln , wird mehr und mehr …….

Die Stadt am Meer….

Statements – Kunst auf der Fläche

Der Zustand der Welt verlangt manchmal Stellungnahme – und mich freut, wenn ich sehe, dass er – der Zustand der Welt – nicht unkommentiert hingenommen wird – egal, ob auf dem Felsen oder dem Festland.

Die Solidarität gegen den Ukrainekrieg war groß – aber auch gegen die Umdeutung von Grundrechten durch die AFD wurde und wird auf dem Felsen Stellung genommen.

In Heide fand ich eine Botschaft an einer kleinen Kneipe:

Aus einem Fachschaftsraum der TU in Darmstadt lugten alte Pappschilder:

Ich selbst trage keine Statements-T-schirts, aber das unterschreibe ich:

Das rührte mich besonders an –

Dieses Arrangement dagegen wirkt eher wie ein Abgesang der Liebe.

Großartiges Versprechen – aber -Hä – wo? Im Müllcontainer?

Neben dem Schwimmbad in Darmstadt fand ich ein Etwas, das nach oben strebte – fast mehr Luft- als Wasserwesen.

So leicht – so zu schweben – Grenzen

Blütenrausch

Als ich auf dem Festland ankam, hatte dort das Frühjahr schon begonnen.

Die Kirschblüte hatte die ersten Regengüsse überstanden.

Die Apfelblüten waren gerade aufgegangen.

Auf einer Wiese eine einsame Schlüsselblume – auf der Rosenhöhe ein Saum von verblühenden Tulpen – wie eine Spur, die Krolow hinterlässt.

Alles Zustand und zugleich Bewegung….

der erste Samstag im Frühling

Stadtimpressionen

Wenn man als Insulaner*in lange nicht auf dem Festland war, fühlen sich Städte an wie Bausteine, die ein großes Kind wild durcheinander geworfen hat.Große, kleine , bunte, graue – erst nach und nach sortiert sich wieder das Bild, das wir als ‚Stadt‘ gelesen gelernt haben.

Erstaunlich – wie viele Menschen in diesen Würfeln wohnen, erstaunlich – wie sie sich gegenseitig aushalten.

In D. bewege ich mich meistens zu Fuß fort – aber das Angebot an Mobilität hat sich enorm erweitert – und die Roller sind Leihrädern gewichen.

In der Mitte der Stadt lag einst der Kaufhof, eine echte Institution, denn in meiner Kindheit gab es dort gefühlt alles zu kaufen.

Heute wirkt das Benko-Opfer wie eine Anklage – an einen falschen Lebenstil, an verlorene Arbeitsplätze (auch andere Gebäude in der Stadt stehen leer) – ein Abgesang auf eine alte Welt und alte Vorstellungen.

Städte – das sind Menschen und ihre Geschichten. Heute ist man auf Georg Büchner stolz – sowohl in D. wie in G. findet man seinen Kopf – und feiert ihn als widerständigen Demokraten – zu Recht!

In Gießen findet sich auf dem Kanzleiberg – mitten in der Stadt – neben dem alten Schloss das Denkmal der politischen Köpfe.

– Büchner vereint mit Ludwig Börne, Carl Vogt und Wilhelm Liebknecht (dem Papa von Karl).

Man hat sie in ihren Zeiten verjagt und verfolgt. Ihre Köpfe ruhen so auf ihren Stelen, dass man ihnen direkt in die Augen sehen kann.

Was meint ihr Alten – so geehrt – zu unserer Welt?

Es ist schade –

so in Bronze gegossen und festgenagelt auf einen Augenblick können sie nicht antworten.

Sie brauchen auch heute Weite für ihr Herz und Wolkenschiffe für ihre Gedanken – In dieser Zeit….

Festlandfundsachen

C. – kleiner Helgoländer mit langem Stammbaum auf der Insel – ist ein großer Finder. Bevorzugt an den Stränden der Welt – am liebsten aber hier auf dem Felsen. C. beobachtet aufmerksam im Unterricht – und so untersucht er auch den Strand – und findet Dinge, die andere übersehen. Das letzte Fundstück ist eine Patrone aus dem Weltkrieg – 9mm – haben wir herausgefunden. Die Hülse ist offen, angerostet. Aus welcher und wessen Waffe mag sie gekommen sein? Hat sie ihr Ziel erreicht? – Wir hoffen beide -nicht.

Die Patrone wird ihren Platz in Cs Fundsachenvitrine finden – neben versteinerten Seeigeln und rätselhaften Henkeln.

Uns verbindet das Finden von kleinen Dingen, die wir nach Hause schleppen. Doch während Cs. Patrone in seiner Vitrine neben versteinerten Seeigeln und rätselhaften Henkeln einen Platz findet, landen meine Funde auf Schreibtisch, auf Esstisch, auf Fensterbänken oder auf Fotografien.

Manche Funde sind wie Begegnungen, alte Bekannte aus einer früheren Zeit, die sich noch einmal melden, bevor sie irgendwo endgültig verschwinden.

Diesen Pulli hatte ich einmal für ein Baby gestrickt. Inzwischen ist aus dem Baby eine junge Frau geworden, die in ihrem eigenen Leben steht. Und ich begegne noch einmal kurz dem Baby und mir – winke innerlich beiden zu – und erfreue mich an der tollen Erwachsenen.

Über dieses kleine Plakat, das zu Füßen einer Werbewand zwischen Landesmuseum und Mollerbau in D. lag, stolperte ich fast. Ich hob es auf – und, da es so aufwändig gestaltet war, klebte ich es wieder an. Zu schade, um es einfach liegen zu lassen.

Wer es wohl geschrieben hat? Warum? –

Ich könnte jetzt lange ausholen, über ‚Leistungsgesellschaft‘ als eine der Mythen des Kapitalismus erzählen, über protestantische Leistungsmoral und die jahrhundertelange langsame Zurichtung der menschlichen Seelen auf die Bedingungen eines seelenlosen Arbeitstaktes referieren. Nein – das ist nicht nötig. Denn ohne all dies studiert zu haben, hat der/die Künstler*in in der Frage alles zusammengefasst. (Und wer dies doch ausführlich wissen möchte, den verweise ich auf die Dokumentationen der arte-Mediathek. – ;-))

Fast wie als Antwort zeigte mir eine alte Freundin bei meinem Besuch ein altes Werk von Enzensberger über den spanischen Anarchisten Durruti.

Ein Leben des Aufbäumens gegen eine ungerechte Welt. Ein tragisches Ende im Spanischen Bürgerkrieg. Der Film beginnt mit der Aura des Gesetzlosen, die durch Zeitgenossen noch einmal beschworen wird. Doch endet er im Unvermögen von Anarchisten und Kommunisten, sich gemeinsam gegen die Faschisten zusammenzuschließen. Das Ergebnis kennen wir …

Turn the world around….