Dieses Jahr floh ich nicht vom Felsen, sondern erwartete Besuch – ein wahrer Krimi.
Ein Sturm wurde erwartet und alle, die aufs Festland wollten, nahmen schon am 19. das Schiff. Denn keiner glaubte, dass das letzte Schiff am 23. noch fahren sollte.
Ich saß auf heißen Kohlen und wartete auf meine Lieben…….
und sie kamen doch – ein wenig grau und müde vom Schiffschaukeln – whow!
Eine intensive, gemeinsame Zeit begann …..
die dunkelsten Tage des Jahres auf dem Felsen…..
in langen Spaziergängen….
Wir fanden den inspirierendsten Weihnachtsbaum der Insel….
Naja – manchmal schneit’s auch auf Helgoland – meistens nicht nachhaltig.
Dieses Jahr nun doch – es fiel genug, damit auf dem Schulhof Schneeballschlachten stattfinden konnten. Unterricht war nicht mehr möglich, denn manche schauten verzaubert hinaus in dicke Flocken, die herabsegelten, anstatt sich den Finessen des deutschen Satzbaus zu widmen.
Es war nur ein kurzer Zauber – Mitte des Monats.
Und bevor dann alle nacheinander krank wurden, hatten die Kinder noch schnell ihre Schlitten aus dem Keller geholt und waren auf der halb verdeckten Grasnarbe einmal die Krater hinuntergerutscht.
Kaum war es noch Oktober – da naht schon der erste Advent. Der November verging im Flug – angefüllt mit allem, was mein bürgerliches Leben ausmacht: Konferenzen und Klassenarbeiten, Eltern- und Schülergespräche, Termine zum Vernetzen, Termine für das Anschieben von Projekten….
Derweil fiel die Insel in den Winterschlaf – die Bürgersteige wurden hochgeklappt, Eisdielen mit Packpapier versiegelt
und das Gestühl platzsparend verwahrt
(Helgoländer Keller sind klein und meistens vollgestellt oder vermietet): Betriebsferien.
Wenn es nicht gerade stürmte, kurze Tage mit ……..
ja – Regenbögen, manchmal gleich doppelt.
Am Ende des Regenbogens soll man Schätze heben können – welchen nimmt man da nun – und an welchem Ende soll man suchen?
Der Regenbogen – heißt es im Alten Testament – sei das Zeichen für den Bund zwischen den Lebewesen der Erde und Gott.
Aber ich fürchte, wir haben diesen Bund unsererseits bisher schlecht erfüllt. Und wäre es wirklich ein Vertrag gewesen, den Noah nach den alten Schriften mit Gott geschlossen hätte, dann – ja dann hätten wir jetzt Vertragsbruchszahlungen über Jahrtausende zu berappen.
Ich hoffe auf Güte des transpersonalen Seins, darauf ,dass es nicht ist wie wir Menschen: niederträchtig, gierig, gemein und hasserfüllt. Und dass es manchmal ein Licht anzündet, das uns an Großzügigkeit, Klugheit und Liebe erinnert.
An diesem Tag erwache ich morgens und denke, irgendetwas ist falsch. Dann dringt langsam in mein Bewusstsein, dass wir eine kurze Atempause haben – Feiertag.
Regen und Sonne wechseln sich ab. ‚Noah‘ heißt der Bösewicht, der dafür sorgt, dass die Kats nicht fahren und das Schiff heute früher losgeht.
Draußen fegt ’starker Wind‘ über den Felsen – Beaufort 6. Das heißt, er hat eine Stundengeschwindigkeit von ca. 49 km.
Naja, denke ich, als ich draußen bin, so schlimm ist das nicht. Aber ich gehe auf der Ostseite – also im Windschatten.
Die Sonne scheint – am Himmel Krawall – die See kappelig mit weißen Schaumkronen über dem ‚Kälberdanz‘, der Untiefe, wo einst die Verbindung zwischen Hauptinsel und Düne bestand.
Der Wind zieht Strähnen aus meinem Zopf. Er heult in meinen Ohren. Manchmal drückt er gegen mich. Ich denke nach, wie sich Wind auf eine Fläche fangen lässt. Doch nein, er ist ein Gesamtkunstwerk und will mit allen Sinnen aufgenommen werden.
An der Nordspitze schieben sich dunkle Wolken Richtung Felsen.
Stück für Stück rückt ein schweres Regenpaket Richtung Felsen. Dann tropft es schwer und dicht. Der Wind brist auf – Zeit weiterzugehen.
Im Nu glänzt der Weg nass –
Und jetzt – auf der Westseite – drückt der Wind mich mal zur Seite, mal schiebt er im Rücken nach vorne. Er spielt auf den Drähten des Klippenzaunes ein Lied.
Stehen bleiben kann ich nur kurz, denn es kostet mehr Kraft als sich weiter Richtung Dorf treiben zu lassen.
Heute plane ich meine Reise aufs Festland. Ja – drei Wochen Ferien stehen bald bevor. Doch kein Grund zum Neid – ich habe an vier von fünf Wochenenden durchgearbeitet.
Der Klimawandel macht sich auch hier bemerkbar. Das Wetter wird schwerer kalkulierbar – schlecht für Reiseplanungen. Und – in Cuxhaven hat man einen wichtigen Zug nach Süden gestrichen – den Zug, der es möglich machte, im Winter noch um Mitternacht in Südhessen anzukommen – :////